Viele meiner Inspirationen stammen aus der Vogue. Für mich sind dabei nicht nur Stile, Farben und Silhouetten für das Nähen interessant. Da ich hauptberuflich als Journalistin arbeite, schaue ich mir auch gern die Texte bis ins Detail an. Eine der ganz großen Redakteurinnen und später Creative Director bei der Vogue war Grace Coddington. Sie ist heute 80 geworden – Grund genug für einen kurzen Einblick in ihr Leben und ihre Karriere.
Grace Coddington, so beschreibt es die britische Vogue heute, betrat im Jahr 1959 das erste Mal die Büros der vogue in London. Gerade einmal 18 Jahre alt, war sie zuvor aus Wales in die britische Hauptstadt gekommen und hatte den Kopf voller Modeträume.
Zu dieser Zeit ahnte sie noch nichts davon, dass die Vogue sie für die nächsten 60 Jahre nicht mehr loslassen würde. Zunächst arbeitete sie für das berühmte Magazin als Model, dann war sie 19 Jahre lang Redakteurin bei der britischen Vogue. Im Anschluss wechselte sie zur amerikanischen Ausgabe, der sie weitere 30 Jahre lang treu blieb. Ihre Model-Karriere hatte sie jedoch eher unverhofft als geplant beendet. So zerstörte eine Scheibe bei einem Autounfall ihr Augenlid. Als sie sich wieder dem Modeln widmen wollte, hatte sich die Modewelt verändert. Twiggy wurde hip und Coddington erkannte ihre Chancen für Veränderung.
Der Anfang, wie sie selbst in der Vogue beschreibt, war dabei keinesfalls leicht. Sie war es gewohnt, vor der Kamera zu stehen und mit Models zu arbeiten. Plötzlich musste sie hinter der Kamera viele Entscheidungen treffen und hatte es mit Promis zu tun, die nicht dieselbe Bereitschaft an den Tag legten wie Models, Kleidung zu tragen und zu wechseln.
Schon in ihren Anfangsjahren als Redakteurin jedoch bewies sie, dass sie sich durchsetzen konnte. So machte sie aus den chaotischen, wuseligen Räumen beispielsweise ein Büro, das sich durch ein harmonisches Innendesign auszeichnete. Dass sie dabei zeigte, für sich und ihre Ideen einstehen zu können, dürfte sie einen ganzen Schritt weiter gebracht haben.
Ihr Instinkt, ihre Durchsetzungskraft und ihr Sinn für Mode als Kunst haben dazu geführt, dass unter ihrer Federführung zahlreiche ikonische Bilder entstanden sind. Sie war es, die beispielsweise dafür sorgte, dass das typische Porträt auf der Titelseite im Januar 1974 plötzlich zur Ganzkörperaufnahme wurde.
Rotes Haar als unvergessliches Markenzeichen
Manolo Blahnik und Anjelica Huston zierten dabei das Cover in einer innigen Umarmung an der Côte d’Azur. Viele weitere außergewöhnliche Shootings und Artikel folgten. Bekannt ist Coddington jedoch auch für ihre eigene, einzigartige Erscheinung. Ins Auge sticht schon auf den ersten Blick ihr wallend-rotes Haar. Sie selbst sagt dazu in der Vogue:
„Ich habe Rotschöpfe immer geliebt. Haar ist mein Ding. Ich mag es groß. Groß und sehr rot. Unterschätzen Sie niemals, wie sehr eine Redakteurin es liebt, sich auf ihren Fotos zu sehen.“
Ein Bild, auf dem sie selbst während ihrer Zeit als Redakteurin zu sehen ist und das es zu großer Bekanntheit geschafft hat, setzt demnach auch ihr Haar in Szene. Es handelt sich um ein Bild, das im Jahr 1973 der Fotograf Helmut Newton in Saint-Tropez am Pool geschossen hat und auf dem sich Grace Coddington bäuchlings im Pool schwimmend mit wallender Mähne präsentiert.
Auch mit 80 Jahren denke Coddington noch nicht ans Aufhören. Demnach kann es gut sein, dass sie uns Mode-Fans noch mit vielen weiteren Modekunst-Ideen inspirieren wird. Was wir von ihr aber auf jeden Fall gelernt haben, ist, für die eigenen Überzeugungen einzustehen und sie mit Mode mutig sichtbar zu machen.