9 Monate Nähblog: Sparen durchs selber Nähen?

Seit neun Monaten könnt ihr mich auf meinem Nähblog durch unser shoppingfreies Jahr begleiten. Ein Jahr lang ausschließlich selber nähen, war unser selbst gestecktes Ziel. Es fehlen nur noch drei Monate, bis wir es erreicht haben. Immer wieder ist mir in dieser Zeit die Frage begegnet, ob ich denn dadurch spare, dass ich unsere Sachen komplett selber nähe.

Die klare Antwort auf die Frage ist erst einmal: Nein! Wenn man die Kosten für den Stoff, Garn und das Nähzubehör berechnet, liege ich meist schon beim Preis, den man für übliche Fast Fashion bezahlen würde, oft sogar schon darüber. In den ersten Monaten habe ich akribisch notiert, was mit Stoffe und Co. gekostet haben. Da konnte ich gut nachverfolgen, was mich mein Hobby kostet. Für mich gibt es auf die Frage „lohnt sich das selber Nähen?“ angeht, trotzdem zugleich auch eine positive Antwort. Und wenn man es richtig anstellt, kann man durch das selber Nähen dann doch Geld sparen.

Die Frage nach dem Preis von Kleidung

Zunächst einmal habe ich festgestellt, dass unsere selbst genähte Kleidung hinsichtlich ihrer Qualität überhaupt nicht mit den Sachen zu vergleichen ist, die man in üblichen Klamotten-Discountern erhält. Schon allein die Stoffqualität – und dafür muss man keine teuren Stoffe kaufen – ist eine ganz andere. Ich versuche, fast ausschließlich Stoffe zu kaufen, die aus natürlichen Fasern bestehen. Meistens ist das reine Baumwolle oder Leinen, natürlich auch Baumwoll-Jersey mit Elasthan. Aber ich kaufe nur ganz, ganz selten Stoffe, die Polyester enthalten.

Auch Viskose, die zwar aus natürlichen Polymeren besteht, aber im chemischen Verfahren gewonnen wird, kaufe ich nur selten. Das hat verschiedene Gründe, die ich sicher in einem gesonderten Beitrag noch einmal erkläre. Warum das für den Preis wichtig ist, möchte ich jetzt aber erst einmal am Beispiel einer Kinder-Jogginghose erläutern.

Eine Jogginghose für Kinder ist in Geschäften mit ganz niedrigen Preisen bereits für unter 10 Euro erhältlich. Dafür bekommt man nicht einmal den Stoff. Der Preis für Baumwoll-Sweat oder auch leichterem Baumwoll-Jersey mit 95 % Baumwolle und 5 % Elasthan fängt häufig bei rund 12 Euro pro Meter an. Für meinen 9-Jährigen würde ich rund 1,6 m benötigen, also bei einem Meterpreis von 12 Euro schon allein für den Stoff fast 20 Euro zahlen. Hinzu kommt weiteres Material, wie Gummi- oder Hoodie-Band und/oder Bündchenstoff.

Warum ich die Hosen trotzdem selber nähe?

Weil die benannten preiswerten Jogginghosen eben nicht aus Baumwoll-Sweat bestehen, sondern meist einen großen Polyester-Anteil haben. Mein Kind schwitzt darin fürchterlich und bekommt davon mitunter sogar Ausschläge. Das ist mir bei den selbstgenähten Jogginghosen aus Baumwoll-Sweat noch nicht passiert.

Jogginghose für Kinder
Wer hätte gedacht, dass eine Jogginghose auch etwas für das Nähen für Anfänger ist?

Hinzu kommt, dass mein Sohn für den Kleiderkauf eine anscheinend „schwierige“ Statue hat. Er ist sehr schlank, dafür aber recht groß. Das führt dazu, dass er Kleider für 12-Jährige braucht, die zwar in der Länge passen, in denen er dann aber wie ein Schluck Wasser hängt. Die Hosen, die ich für ihn nähe, passen perfekt, rutschen nicht und er trägt sie wirklich sehr gern. Gekaufte Kleidung, die nicht passt, verschwindet dagegen häufig im Schrank und wir schlimmstenfalls gar nicht erst getragen – auf jeden Fall aber nicht aufgetragen. Die selbst genähte Kleidung dagegen tragen wir wirklich, bis es gar nicht mehr geht. Und selbst dann finden wir immer noch Wege, sie umzunutzen. Das ist für mich ein ganz wichtiges Preis-Argument fürs selber Nähen.

Durchs Nähen sparen

Obwohl Materialkauf, Nähzeit usw. dazu führen, dass man, berechnet man den Preis für die Kleidung, eben nicht spart, bin ich der Meinung, dass wir unter dem Strich durch das selber Nähen trotzdem weniger Geld für Kleidung ausgeben. Denn hier kommt das Upcycling ins Spiel. Dank Nähmaschine wird bei uns jedes Stück Stoff solange wiederverwendet, bis von ihm wirklich nur noch ein letzter, nicht mehr brauchbarer Fetzen übrig ist. Das heißt, Stoff, den ich eigentlich für ein einziges Nähprojekt gekauft habe, wird letztlich für mindestens zwei oder drei Projekte verwendet. Hier ein paar Beispiele, wie Ihr Kleidung upcyclen oder mehr aus euren Stoffen herausholen könnt:

1. Der Klassiker: Aus lang mach kurz

Jeans-Shorts

Upcycling, das sicher auch jeder kennt, der keine Nähmaschine zuhause hat: bei langen Jeans einfach das Bein abschneiden und Shorts draus machen. Ich mache das bei Kinderjeans, wenn mein Kind rausgewachsen ist. Aber auch meine eigenen Jeans werden so oft zu Shorts umgewandelt, wenn sie am Knie immer dünner geworden sind (das kennt jede Mama: vom ständigen Hinknien scheuert das Knie durch und weil man am Ende doch immer mit dem gleichen Knie auf der Erde landet, leider auch nur auf einer Seite).

Kaputte Jeans muss man nicht unbedingt abschneiden. Ihr könnt sie auch ganz einfach flicken – und zwar ohne teure, fertige Aufnäher kaufen zu müssen. Ich habe euch in meinem Artikel zum Mending ein paar Beispiele hierfür zusammengestellt.

2. Aus alten T-Shirts neue zaubern

T-Shirts müssen nicht im Müll landen, wenn sie kaputt sind oder man sie nicht mehr tragen möchte. T-Shirts für Erwachsene lassen sich beispielsweise wunderbar in T-Shirts für Kinder verwandeln, aus T-Shirts für Männer können taillierte Shirts für Frauen werden.

lohnt sich das Nähen?

Dieses T-Shirt ist auch zwei alten Männer-T-Shirts entstanden, einem orange-farbenen und einem braunen. Dafür habe ich einfach den Stoff an den Nähten entlang ausgeschnitten und auf Vorder- und Rückseite ein Schnittteil eines Schnittmusters für Kinder-Shirts gelegt. Die Arme habe ich aus dem Vorder- und Rückteile eines anderen T-Shirts geschnitten. Der absolute Clou war für mich auch das Bündchen am Ausschnitt. Auch das stammt von dem braunen T-Shirt. Ich habe es auch hier einfach abgeschnitten und neu ans Kinder-T-Shirt angenäht. Und selbst, wenn das Kind aus dem T-Shirt rausgewachsen ist und der Stoff noch nicht ganz löchrig geworden sein sollte, nähe ich daraus noch etwas, nämlich Unterwäsche.

3. Unterwäsche aus Stoffresten nähen

Egal, ob aus Stoffresten, die von einem neuen Nähprojekt übrig bleiben oder ob aus alten Shirts geschneidert: für Unterwäsche braucht man nur wenig Stoff und sie ist selbst genäht einfach mega bequem. Wenn ihr nach dem Preis gehen wollt, kann sich ein neues Nähprojekt damit plötzlich auch schon wieder rentieren. Es ist nämlich etwas ganz anderes, ob ich 1,20 Meter Stoff nur in ein T-Shirt oder in ein Shirt und einen Slip verwandele.

Basics im Nähblog vorgestellt

Mein Tipp: Ihr müsst gar nicht genug Reste für die vollständige Unterwäsche haben. Ich habe eine Kiste, in die kleinere Jersey-Reste kommen. Unsere Unterwäsche schneide ich dann aus farblich passenden Stoffstücken zurecht, wenn ein Rest nicht für einen kompletten Slip oder eine komplette Boxer-Shorts reicht. Das ergibt witzige Farbspiele und so braucht ihr auch kleine Jersey-Reste auf.

Boxershorts auf meinem Nähblog

4. Geschenke nähen

Aus Resten von Webware könnt ihr wunderbar kleine Geschenke nähen. Ich ersetze klassisches Geschenkpapier zum Beispiel gern durch eine selbst genähte, kleine Tasche. Ideen findet ihr beim Stöbern auch immer wieder auf meinem Nähblog.

Täschchen nähen

Oder ihr näht kleine Kirschkernkissen. Die könnt ihr so klein zaubern, dass ihr daraus sogar kleine Handwärmer für die Tasche machen könnt. Und wenn ihr sie dafür nicht mit Kirschkernen füllen möchtet, könnt ihr auch einfach Reis nehmen.

Selber nähen und den Wert von Kleidung erkennen

Diese Liste könnte ich noch eine ganzes Stück verlängern, ich möchte euch aber ein Argument nicht vorenthalten, das für mich beim selber Nähen unheimlich wichtig ist. Es geht um den Wert der genähten Kleidung.

Zu Anfang habe ich viel ausprobiert. Mittlerweile bin ich aber an einen Punkt gekommen, an dem ich mir die Mühe mache, jedes Schnittmuster, das mir wirklich gefällt, ganz genau an meinen Körper anzupassen – sei es in der Länge, beim Brustabnäher oder auch nur bei kleinen Änderungen an Ärmeln oder Ausschnitt. Dadurch entstehen Kleidungsstücke, die perfekt zu mir und meinem Körper passen. Als ich meine Kleidung noch gekauft habe, sind Fehlkäufe meistens darauf zurückzuführen gewesen, dass mir die Kleidung einfach nicht genau gepasst hat. Und das hatte nichts mit der Größe zu tun. Ein Beispiel: Ich habe schon seit mehr als 20 Jahren Größe 36. Aber nach einer Schwangerschaft ist eine Größe 36 eben nicht mehr das, was sie vorher war. Meine Taille ist gleich geblieben, meine Hüfte aber nicht. Das ist ja auch gut so, schließlich musste da ein Kind durchpassen 😉

Beim Hosenkauf hat das aber dazu geführt, dass ich nun eine Größe 38 kaufe, die mir an der Hüfte gaaanz bequem passt, dafür aber an der Taille hin und her schlottert. Das passiert mit beim Nähen nicht mehr. Ich kann für Größe 36 nähen, die an Oberschenkeln und Taille super passt und an der Hüfte ändere ich das Schnittmuster so ab, dass die Linie zwischen Größe 36 und 38 verläuft. Das sind nur wenige Millimeter, aber die machen eine gute Passform aus. Und Kleidung, die ungetragen im Schrank verschwindet, gibt es seitdem nicht mehr. Dafür immer mehr Kleidung, die so richtig bequem ist und auch noch in den Farben und Mustern erstrahlt, die mir zu 100 % gefallen. Für mich ist das eine Kombination, die schier unbezahlbar ist.

Wie wichtig ist das Thema Geld für euch beim Nähen? Ist es euch wichtig, mit dem Nähen zu sparen oder habt ihr einfach nur Freude daran, eure Ideen mit euren Nähprojekten umzusetzen?

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